30 Jahre Usenet

Ein kleiner Rückblick

 

1979, es gab noch kein Internet, es gab als Vorläufer des Internets nur das Arpanet, eine exklusive Einrichtung des amerikanischen Militärs, schufen drei Studenten das Usenet.

Damit ist das Usenet auch das älteste zivile Computernetzwerk der Welt.

Das Internet entstand erst Jahre später durch die Freigabe des bisherigen Arpanets für den zivilen Gebrauch.

 

Die drei Studenten, Tom Truscott und Jim Ellis an der Duke University sowie Steven M. Bellovin an der University of North Carolina at Chapel Hill entwickelten 1979 das Usenet. Erstmalig öffentlich wurde das Usenet 1980, so passt es auch, den Usenet Geburtstag zum Jahreswechsel 2009/2010 zu feiern. Ursprünglich entwickelten nur Tom Truscott und Jim Ellis ihre Idee unter Zuhilfenahme eines Bourne shell scripts, das von Steven M. Bellovin geschrieben worden war.

 

An der Entwicklung der zu Grunde liegenden Software war zusätzlich noch Steve Daniel beteiligt, der jedoch heute nicht als Mit-Begründer des Usenet gilt.

Das Usenet beruhte ursprünglich auf dem UUCP, einem Protokoll, das ein Unix Betriebssystem bereits mitbringt. Die Abkürzung UUCP bedeutet Unix to Unix Copy Protokoll. Die Verbindung zum News-Server erfolgte mithilfe eines Modems über Telefonverbindungen. Der News-Server wurde direkt mit einer Telefonnummer angewählt.

Der Name Usenet stammt nicht etwa von dem Wort User ab, sondern entstand 1982 während einer USENIX Konferenz. Unix war das übliche Betriebssystem von Universitäts-Computern.

 

Ursprünglich gab es nur einen einzigen zentralen News-Server. Das änderte sich jedoch schnell, als der Administrator des Newsservers seine Macht ausnutzte, um ihm missliebige Beiträge zu zensieren.

 

Das ließ sich nur unterbinden, indem das Usenet auf die noch heute verwendete dezentrale Struktur umgestellt wurde.

 

Nun liegt es nicht mehr in der Hand eines einzelnen Administrators, beliebig löschend und zensierend in das Usenet einzugreifen. Denn jeder neue Beitrag, damals natürlich nur Textbeiträge, für Binärdateien waren weder die damaligen Festplattenkapazitäten noch die Verbindungsgeschwindigkeiten geeignet, wird vom Ursprungsserver, also dem Server, über den der Upload des Beitrags erfolgt, sofort und unmittelbar durch Peering-Abkommen an andere News-Server weiter verteilt. Damit ist dem Administrator eines einzelnen Newsservers die Kontrolle über die Beiträge im Usenet entzogen.

 

Das Usenet entwickelte sich sehr schnell. 1983 nahmen bereits 550 Host Computer, 1984 schon 940 Hostcomputer am Usenet teil. Zusätzlich gab es Querverbindungen zum FidoNet, das mittlerweile im Usenet aufgegangen ist. Es gab sogar Querverbindungen zum Arpanet.

Das heute gültige Protokoll des Usenet, das Network News Transfer Protocol, oder abgekürzt NNTP, wurde 1985 eingeführt. Gleichzeitig wurde zusätzlich zum parallel weiter bestehenden UUCP das Usenet auf das Protokoll des Internets, das TCP/ IP umgestellt. Erstmalig war damit auch für Computer, auf denen kein Unix Betriebssystem installiert war, die Teilnahme am Usenet möglich und der Siegeszug des Usenet ging weiter.

 

Das Usenet war in den achtziger Jahren bis Mitte der Neunzigerjahre das zivile Netzwerk des Internets schlechthin. Das Usenet war in dieser Zeit Diskussions-Plattform und Initiator praktisch aller wesentlichen Entwicklungen des Internets.


Erst durch die Entwicklung des World Wide Web, das 1995 für die Allgemeinheit öffentlich wurde, bekam das Usenet ernsthafte Konkurrenz. Auch die Vorbereitung des World Wide Web durch die grundlegenden Arbeiten von Tim Berners-Lee erfolgten über das Usenet. Über das Usenet wurde die Gründung des World Wide Web verkündet.

 

Das Usenet blieb bis zur Entwicklung Grafik fähiger Browser weiterhin die Diskussions- und Informationsplattform Nummer eins des Internet.

 

Doch selbst die Entwicklung der grafikfähigen Browser hatte vermutlich ohne das Usenet nicht stattgefunden. Die Entwicklung des img tags, mit dem Bilder in Webseiten eingebunden werden können, wurde vom Entwickler des Ersten dafür geeigneten Browsers Marc Andreessen selbstverständlich über das Usenet bekannt gegeben. Und nicht etwa über das World Wide Web.

 

Im Gegensatz zum World Wide Web ist die kommerzielle Nutzung des Usenet nur in Nischen vorstellbar. Beispielsweise zur Verbreitung DRM geschützter Filme und Musik. Das World Wide Web verdankte seinen Siegeszug gegenüber dem Usenet sowohl der Entwicklung grafikfähiger Browser wie auch der Verlinkung zwischen einzelnen Beiträgen wie auch verschiedenen Webseiten. Doch hauptsächlich verdankte das World Wide Web seinen Siegeszug der kommerziellen Nutzbarkeit.

 

Nachdem Firmen entdeckt hatten, dass das World Wide Web ein geradezu fantastisches Marketinginstrument ist, wurde das World Wide Web auch allgemein favorisiert.

Denn als Marketinginstrument ist das Usenet nur eingeschränkt tauglich.

 

Das Usenet geriet vorübergehend fast in Vergessenheit. Der Siegeszug des World Wide Web mit seiner Miniatur Nachbildung des Usenet in Form von Webforen ließ das Usenet selbst in der naturwissenschaftlichen und technischen Welt, die beide wesentlichen Anteil an der Fortentwicklung des Usenet hatten, zunehmend in Vergessenheit geraten.

 

Suchmaschinen, die es für das Usenet noch nicht gab, erlaubten im Web die schnelle Suche nach Informationen.

 

Viele naturwissenschaftliche Studenten, die erst nach 2000 an die Universitäten kamen, haben vom Usenet tatsächlich noch nie etwas gehört, obwohl ihre Universitäten nach wie vor eigene News-Server betreiben. Der News-Server der Universität Heidelberg hat inzwischen nicht mehr als knapp drei Dutzend aktive Nutzer. Obwohl die Benutzung des Newsservers für Studenten der Uni Heidelberg kostenlos ist.

 

Die Renaissance des Usenet begann eigentlich erst mit dem Standard für die Kodierung und die Kodierung von Binärdateien im Usenet, dem YEnc Verfahren, das Ende der Neunzigerjahre entwickelt und veröffentlicht wurde. Denn damit spielte das Usenet eine Stärke aus, die es in dieser Form im Web nicht gibt. Die blitzschnelle Verteilung von Dateien beliebiger Größe über das weltweite Netzwerk Usenet. Sowie der ebenso schnelle Download von einem Premium News-Server. Ein weiterer Vorteil des Usenet ist der praktisch anonyme Download aus dem Usenet. Kein News-Server fertigt weitere Protokolle als maximal den durch Downloads verbrauchten Traffic an, der Download an sich ist für den News-Server nicht nachvollziehbar.

 

Gerade in den Zeiten zunehmender staatlicher wie auch privater Überwachung sowohl des Filesharing als auch zunehmend des Webs  erinnern sich die Leute an das Usenet und seine Zensurresistenz wie auch die Möglichkeit, sich im Usenet nach Anmeldung bei einem Newsserver unbeobachtet bewegen und beliebig daraus runterladen zu können.

 

Nach einer Zeit des scheinbaren Vergessens wird das Usenet an seinem 30. Geburtstag längst wieder von vielen Millionen Usern weltweit genutzt und spricht sich immer weiter herum. Das zeigt auch die Googlestatistik für Suchanfragen. Wenn man die Suche nach Usenet und den beiden größten Usenet Anbietern im deutschen Sprachraum in einen Topf wirft, dann wird monatlich 160.000 mal über Google nach Usenet beziehungsweise diesen beiden Anbietern gesucht.

 

Das Usenet hat somit auch gute Chancen, die nächsten 30 Jahre zu überdauern und sich fortzuentwickeln.

 

Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!